Wieder einmal besuche ich einen alten Herrn zuhause. Er hat sich bisher gesundheitlich gut geschlagen. Sein leicht erhöhter Blutzucker ist gut eingestellt, und er erfreut sich immer noch täglicher Spaziergänge. Heute treffe ich ihn auf das Sofa gebettet an. „Was lässt Sie denn die Füße hochlegen?“, frage ich erstaut. „So kenne ich Sie gar nicht!“. Er winkt ab: „Nur eine Kleinigkeit“, sagt er. „Ich habe da so eine blöde Wunde am Fuß“. Ich schaue mir die Bescherung an. Die Fußpflegerin hatte vor ein paar Tagen die Hornhaut entfernt. Dabei war sie so rabiat vorgegangen, dass eine größerer Wunde an der Ferse entstanden war. Diese hatte sich schon etwas entzündet. Schnell habe ich meinen Patienten überzeugt, dass wir einen desinfizierenden Verband anlegen sollten. „Gerade bei Zuckerkranken heilen solche Wunden schlecht!“, bedaure ich. „Das wird also noch ein paar Tage dauern. Darum schreibe ich Ihnen noch ein paar Heparinspritzen auf“. Der alte Herr ist wenig begeistert. Er kennt die Spritzen aus dem Krankenhaus. „ich liege doch nicht im Bett!“, protestiert er. „Warum dann die Spritzen?“.
Lungenembolie als Folge
Ich erkläre ihm, das er sich viel zu wenig bewegt, um das Blut in Schwung zu halten. Seine Frau versorgt ihn so gut, dass er eigentlich nur aufstehen muss, um zur Toilette zu gehen. „Es ist also auch nicht anders als im Krankenhaus!“, bekräftige ich. Durch die Ruhe kommt es in den Adern leicht zu Blutgerinnseln. Diese Thrombosen können auf Wanderschaft durch die Venen gehen und sind dadurch manchmal tödlich. „Wenn sie als Lungenembolie in der Brust ankommen, ist man oft schneller gestorben, als man den Notarzt holen kann!“, sage ich drastisch. „Gerade in Ihrem Alter sind die Adern schon etwas verstopft. Der Diabetes tut das Seine hinzu. Aber selbst ein junger, gesunder Mann muss Heparin spritzen, wenn er mit einem Gipsbein auf dem Sofa liegt!“. Das überzeugt. Die Dame des Hauses reagiert recht resolut: „Die Spritzen kann ich dir geben“, sagt sie ihrem Mann. „Ich musste sie doch damals auch haben bei meinem Beinbruch“. Na prima! Falsch machen kann sie dabei nicht viel, aber einmal werde ich mir das ansehen. Sobald der alte Herr wieder spazieren gehen kann, wird er auch keine Spritzen mehr brauchen.