Die schwindende Gedächtnisleistung gehört wohl zu den leidigsten Alterserscheinungen. Während die Medizin den Menschen ein immer längeres Leben ermöglicht, suchen viele ältere Menschen nach Möglichkeiten im Alter auch im Kopf fit zu bleiben. Denn letztendlich ist kein Organ so wichtig für Lebenszufriedenheit, wie das Gehirn. Und das Gedächtnis ist eine der wichtigsten kognitiven Fähigkeiten für unseren Alltag. Ob und wie das am besten funktioniert wird jedoch viel diskutiert. Das Gedächtnistraining ist ein komplexes Thema, bei dem nur interdisziplinäre Forschung wirklich zielführend ist. Nähere Informationen zum Thema werden oft an Volkshochschulen, Seniorenvereinen oder Kurbetrieben angeboten
Lebenslanges Lernen
Das Lernen hört mit dem Alter keineswegs auf. Allerdings gilt beim Lernen laut dem pädagogischen Psychologen Ausubel, dass wir am besten lernen, wenn wir an Vorwissen anknüpfen können. Deshalb ist gerade die Gedächtnisleistung im Alter von so großer Bedeutung. Interessant ist hier die Unterscheidung von kristalliner und fluider Intelligenz nach Cattell. Die fluide Intelligenz beschreibt die Fähigkeit, abstrakte Denkprobleme kulturunabhängig und schnell lösen zu können. Diese Form steht uns von Geburt an zur Verfügung. Die kristalline Intelligenz beruht dagegen auf Wissen und Erfahrung. Sie ermöglicht ganzheitliche Schlussfolgerungen auch in komplexeren Bereichen. Die kristalline Intelligenz nimmt mit dem Alter zu. Unabhängig davon ob, ein gezieltes Gedächtnistraining stattfindet, wirkt sich ein gesunder Lebenswandel immer positiv auf die Gedächtnisleistung aus. Dazu gehören ausreichend Bewegung, soziale Kontakte und neue Eindrücke.
Kommt es uns nur so vor, als hätten ältere Menschen ein schlechteres Gedächtnis?
Wenn man Menschen fragt, wie es mit der Gedächtnisleistung älterer Menschen aussieht, haben die meisten die gleiche Ansicht: Die Gedächtnisleistung nimmt im Alter angeblich ab. Wissenschaftlich betrachtet muss man hier mehr differenzieren. Nicht die Gedächtnisleistung im Allgemeinen nimmt ab. Bei einigen Gedächtnisaufgaben schneiden ältere Menschen tatsächlich schlechter ab. Bei einige Aufgaben schneiden sie aber auch besser ab. Auch in der Gerontologie, die sich früher vor allem mit Krankheiten und Defiziten des Alters beschäftigte, wird der Fokus zunehmend auf Ressourcen und Möglichkeiten von Senioren gelenkt.
Gehirnjogging? Das bringt doch nichts!
Ein bisschen Gehirnjogging hier und da bringt leider tatsächlich nichts. Gedächtnistrainer gehen davon aus, dass ein intensives und umfassendes Training notwendig ist. Damit die Fortschritte den gewünschten Effekt haben, müssen sie bewusst und gezielt auf den Alltag übertragen und angewendet werden. Dies ist in gerontopsychologischen Einrichtungen mittlerweile auch Standard. Progressive Konzepte schlagen eher vor, Senioren darin zu trainieren, ihr eigenes Gedächtnis zu trainieren. So wird ein wirklich eigenständiges Meistern des Alltags ermöglicht.
Gedächtnistraining ist mehr als „Ich packe meinen Koffer“
Ein Muskel ist das Gedächtnis leider nicht. Allein durch stumpfe und unsystematische Anwendung wird die Gedächtnisleistung nicht unbedingt besser. Die Trainingsprogramme aus dem gerontopsychologischen Bereich unterscheiden zwischen internalen und externalen Gedächtnisstützen. Zu den internalen Gedächtnisstütze zählen beispielsweise Merksätze oder Organisationsprinzipien. Unter externalen Gedächtnisstütze versteht man materielle Stützen wie etwa Karteikarten. Gerade auch an der Anwendung externaler Gedächtnisstützen zeigt sich: Wichtig ist letztendlich einfach, dass der Alltag so organisiert wird, dass das Wissen da ist, wenn es gebraucht wird.
Musik als Wunderheilmittel
Zahlreiche Studien belegen die äußerst positive Wirkung von Musik auf das Gehirn. Allein das Hören von Musik hat bereits einen positiven Einfluss auf die Gedächtnisleistung. Das tägliche Hören von Musik kann sogar nach einem Schlaganfall die Regeneration beschleunigen. Musik sollte daher in das Gedächtnistraining mit einbezogen werden.
Das Rätsel Alzheimer
Bei Demenz hilft Gedächtnistraining leider nur sehr bedingt. Krankheiten wie Alzheimer können auch Menschen heimsuchen, die ihr Leben lang sehr aktiv waren. Dies Krankheiten richten physischen Schaden im Gehirn an, der zu einer massiven Zerstörung von Nervenzellen und Synapsen führt. Sie gehören nicht zum normalen Alterungsprozess. Doch das Risiko steigt mit zunehmendem Alter und geht bei jüngeren Menschen gegen null. Begünstigende Faktoren können genetische und auch Umwelteinflüsse sein. Genau sind diese aber immer noch nicht geklärt.