Inhaltsverzeichnis:
- Was versteht man unter Reizdarm?
- Welche Ursachen liegen dem Reizdarmsyndrom zugrunde?
- Welche Symptome können auf einen Reizdarm hinweisen?
- Differentialdiagnose
- Untersuchung und Diagnose bei Reizdarm
- Wie wird Reizdarm behandelt?
- Prognose
- Einige Tipps für Reizdarm-Betroffene
Was versteht man unter Reizdarm?
Der Begriff Reizdarm beschreibt kein konkretes Krankheitsbild, sondern er stellt eine Zusammenfassung von Erkrankungsanzeichen dar, die nicht auf biochemische oder organische Veränderungen zurückgehen. Reizdarm kann vorliegen, wenn Beschwerdebilder wie Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten oder Bauchschmerzen über einen Zeitraum von mehr als drei Wochen andauern, ohne dass Untersuchungen eines Gastroenterologen Indizien für eine organische Ursache erbracht haben.
Beim Großteil der rund zwölf Millionen Betroffenen in Deutschland treten Reizdarmbeschwerden nur gelegentlich auf, beispielsweise durch ungewohnte Ernährung, wie sie auf Reisen vorkommen kann. Intensive Symptome kommen nicht so oft vor, wobei Frauen öfter von Reizdarm betroffen sind als Männer.
Welche Ursachen liegen dem Reizdarmsyndrom zugrunde?
Eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen hat erbracht, dass von Reizdarm betroffene Personen oft eine besondere Empfindlichkeit der Darmschleimhaut aufweisen, vor allem in Hinblick auf chemische und mechanische Reizimpulse. Auch die Bewegungsabläufe des Darms sind bei Patienten mit Reizdarm ziemlich oft gestört. Dennoch scheinen die tatsächlichen Ursachen für das Entstehen eines Reizdarms nicht endgültig geklärt zu sein.
Eine weitere Ursache, die zu Reizdarm führen kann, ist möglicherweise eine niedrige Schmerzschwelle im Darmbereich, wobei die intensive Schmerzreaktion die Reizung auslöst. Daneben sind psychische Auslöser wie Angstzustände, allgemeiner Kummer oder Nervosität wahrscheinlich auslösende Faktoren.
Die häufig vorgebrachte Meinung, dass eine unvernünftige Lebensführung oder eine ungesunde Ernährung – also ballaststoffarme Lebensmittel und erhöhter Konsum von Nikotin oder Alkohol – den Reizdarm begünstigen, lässt sich nicht bestätigen. Es ist im Gegenteil zu beobachten, dass gerade Reizdarmpatienten eine vernünftige Ernährungsweise und den maßvollen Konsum von Genussmitteln befürworten.
Ebenfalls unrichtig scheint die Annahme zu sein, dass ein Reizdarm über Pilzinfektionen im Darm ausgelöst wird. Wissenschaftliche Studien erbrachten keinen direkten Zusammenhang zwischen der Pilzmenge im Stuhl und Erkrankungen des Darms. Dies insbesondere, da Pilze normaler Bestandteil der Darmflora sind. Ihre Menge ist neben anderen Faktoren von den Ernährungsgewohnheiten abhängig. Der Pilzbestand im Darm ist ein individueller Wert und kann daher mit Reizdarm nicht in Beziehung gesetzt werden.
Welche Symptome können auf einen Reizdarm hinweisen?
Auslöser für das Reizdarmsyndrom kann neben anderen Effekten eine Magen-Darm-Infektion sein. Es ist auch der plötzliche Beschwerdeausbruch ohne erkennbaren Anlass und ohne Vorwarnung bekannt. Eine große Zahl der Betroffenen hat bereits im Kindesalter unter Verdauungsstörungen gelitten.
Eine weitere Ursache ist möglicherweise im psychosomatischen Bereich zu finden. In diesen Fällen ging dem ersten Auftreten von Reizdarm eine Phase hoher seelischer Belastungen voraus, wie sie beispielsweise bei Jobverlust oder einer Scheidung eintreten können.
Typische Anzeichen für Reizdarm sind diffuse Bauchschmerzen, verbunden mit allgemeinem Unwohlsein. Dazu kommen vielfach Durchfall, Verstopfung, unregelmäßiger Stuhl, Blähungen und Völlegefühl. Begleiterscheinungen sind in vielen Fällen Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und Rückenschmerzen.
Betroffene berichten in vielen Fällen über häufigeren Stuhlgang und weichen Stuhl bei Schmerzbeginn, ein Nachlassen des Schmerzes nach dem Stuhlgang, Schleimbeimengungen im Stuhl, unvollständigen Stuhlgang und einen markanten Blähbauch. In der Regel stellen sich keine nächtlichen Beschwerden ein.
Die Auswirkungen der Symptome auf den Patienten hängen von ihrer Ausprägung ab. Zeigen sich nur gelegentliche und leichte Symptome wie Bauchschmerzen oder Blähungen, nimmt der Patient das zwar als Störung seiner alltäglichen Abläufe wahr, empfindet den Zustand aber nicht als ernsthafte Beeinträchtigung. Verstärken sich die Symptome, reagiert der Patient oft durch Niedergeschlagenheit und eine instinktive Veränderung seiner Ernährungsgewohnheiten. In vielen Fällen verzichtet er in diesem Stadium auf Restaurantbesuche. Bei schweren Krankheitsverläufen kommt es zum Rückzug in sich selbst, gipfelnd in totaler sozialer Isolierung.
Differentialdiagnose
Gerade die große Zahl unterschiedlicher Symptome lässt die Verwechslungsgefahr mit anderen Erkrankungen ansteigen. Es gibt allerdings eine Reihe von Symptomen, die gegen das Vorliegen eines Reizdarms sprechen und es ratsam erscheinen lassen, nach anderen Krankheitsbildern zu forschen. Dies sind unter anderem Gewichtsverlust, Blut im Stuhl, eine kurze Krankheitsgeschichte, keine Veränderungen des Krankheitsverlaufs durch Stress oder seelische Entlastung sowie Schlafstörungen, die durch Symptome verursacht werden.
Eine Reihe von Erkrankungen weisen ähnliche Symptome wie bei Reizdarm auf, so zum Beispiel chronische Entzündungen wie Darmpolypen, Divertikel, Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, Erkrankungen an Gallenblase, Bauchspeicheldrüse oder Leber und Magenerkrankungen wie beispielsweise Magenschleimhautentzündung.
Auch Nahrungsunverträglichkeiten führen bei der Diagnose oft in die Irre. Das zeigt sich insbesondere bei Sorbit-Unverträglichkeit (Apfelsaft, Pflaumen, Birnen), bei Fruktose-Unverträglichkeit (übrige Obstsorten) und bei Laktose-Unverträglichkeit (Milch und Milchprodukte).
Untersuchung und Diagnose bei Reizdarm
Gerade die Vielfalt unterschiedlicher Symptome und das gleichzeitige Vorkommen ähnlicher Symptome bei anderen Erkrankungen erfordert die bereits erwähnte Differentialdiagnose als Mittel zur sicheren Lokalisierung von Reizdarm. Daher sollte die Untersuchung ausschließlich von einem versierten Gastroenterologen durchgeführt werden.
Die Untersuchung beginnt mit einem ausführlichen Patientengespräch und der sorgfältigen Ermittlung aller Beschwerden. Auf dieser Basis entsteht die vollständige Krankengeschichte, in die auch Informationen zu früheren Erkrankungen, Operationen, familiären Aspekten und zur aktuellen Lebenssituation unter sozialen und seelischen Gesichtspunkten Eingang finden.
Dem folgt die körperliche Untersuchung durch den Arzt. Sie konzentriert sich zum großen Teil auf den Bauchbereich. Durch Abtasten ermittelt der Arzt eventuelle organische Veränderungen, Verhärtungen und Schmerzregionen. Zur eindeutigen Abgrenzung gegen mögliche andere Erkrankungen und zur Absicherung der Diagnose kann der Arzt anschließend einige technische Untersuchungen vornehmen, beispielsweise Ultraschalldiagnose, Darmspiegelung zum Ausschluss von Darmkrebs, Computer- oder Magnetresonanztomografie, verschiedene Laktose-Tests oder einen Sorbit-Unverträglichkeitstest.
Die Wahl der Mittel bei der Erstellung der Diagnose hängt vom Beschwerdebild des Patienten ab. Entsprechend unterschiedlich ist der Untersuchungsaufwand. Nur in den seltensten Fällen muss sich der Patient dem gesamten Programm aller möglichen Untersuchungsmethoden unterziehen.
Wie wird Reizdarm behandelt?
Bei einer ausgeprägten Form des Reizdarmsyndroms orientiert sich die Behandlung vor allem an den markantesten und folgenschwersten Symptomen. Dagegen genügt bei leichteren Ausprägungsformen in der Regel eine Ernährungsberatung. Sie beinhaltet die Anweisung, besonders solche Lebensmittel zu meiden, die eine belastende Wirkung auf das Verdauungssystem ausüben. Das können beispielsweise Zwiebeln, Knoblauch Bohnen oder Kohlgemüse sein. Auch bestimmte Gewürze und Kaffee sollten in den meisten Fällen gemieden werden.
Befindet sich der Patient in einer kritischen Lebenssituation, kann der Arzt auch psychotherapeutische Behandlungsmethoden empfehlen. Die Maßnahmen können sich von Verhaltenstherapie und Gesprächstherapie bis zur Konfliktbewältigung erstrecken. Zusätzlich kann der Arzt Methoden zur Entspannung anregen, beispielsweise Yoga oder autogenes Training, um den allgemeinen Stresspegel des Patienten zu senken.
Führen die beschriebenen Maßnahmen nicht zum Ziel, kann eine medikamentöse Therapie zur Anwendung kommen. Es gibt zahlreiche Medikamente für die Behandlung von Reizdarm. Sie sollten allerdings nur in enger Absprache mit dem Gastroenterologen und zeitlich begrenzt eingenommen werden.
Je nach Krankheitsbild und Ausprägung können spezielle Arzneimittel helfen. Hier einige Beispiele:
Gegen Durchfall wirken Antidiarrhoika wie Cromoglicinsäure oder Loperamid.
Bei Verstopfung helfen Laxantien wie Bisacodyl oder Laktulose.
Bei Bauchschmerzen kommen vor allem krampflösende Mittel wie Pfefferminzöl, Mebeverin, Butylscopolamin oder Nifedipin zum Einsatz.
Gestalten sich die Reizdarmbeschwerden besonders hartnäckig, kann das mit dauerhaften Angstzuständen oder depressiven Effekten in Zusammenhang stehen. In diesem Fall kann auch eine Behandlung mit niedrig dosierten Antidepressiva weiter führen.
Die Prognose bei Reizdarm
Reizdarm ist in der Regel nicht heilbar. Dennoch sind die Erfolgsaussichten hoch, die Symptome durch eine Kombination unterschiedlicher Therapiemaßnahmen und Heilmethoden zu lindern oder ganz zu beseitigen. Die Befürchtung vieler Patienten, Reizdarm könne sich zu Darmkrebs weiterentwickeln, ist gänzlich unbegründet. Reizdarm erhöht das Darmkrebsrisiko in keiner Weise.
Es gibt einige wirksame Strategien, um das Reizdarm-Risiko wirksam zu mindern. Die wichtigste sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen. Eine andere sind regelmäßige Darmspiegelungen, für die die Krankenkassen ab einem Alter von 55 Jahren die Kosten übernehmen.
Einige Tipps für Reizdarm-Betroffene
Wenn Reizdarm schon nicht heilbar ist, gibt es doch einige Richtlinien, die das Risiko des Ausbruchs spürbar mindern oder – wenn das Reizdarmsyndrom bereits vorliegt – den Verlauf entschärfen:
Ausgewogene Ernährung fördert die Verdauungsleistung des Darms. Dabei kommt es vor allem auf faserreiche und gleichzeitig ausgewogene Nahrungsmittel an, wie beispielsweise Gemüse, Salat, Obst und natürliche Lebensmittel. Vorsicht ist bei den an sich zu begrüßenden ballaststoffreichen Nahrungsmitteln geboten. Sie lösen in der Regel Blähungen aus und können bei bettlägerigen und nicht mobilen Menschen bis zur Darmverstopfung führen. Daher sollte ballaststoffreiche Nahrung zunächst nur in geringen Mengen auf den Speiseplan kommen und dann Zug um Zug gesteigert werden. Gut geeignet sind Leinsamen und Haferflocken, denn sie erhöhen die Gleitfähigkeit des Stuhls.
Langsames und ruhiges Essen unterstützt das Verdauungssystem. Die bewusste und konzentrierte Nahrungsaufnahme, verbunden mit sorgfältigem Kauen, löst einen Prozess der Vorverdauung im Mund aus und entlastet damit die am Verdauungsprozess beteiligten Organe Bauchspeicheldrüse, Galle, Magen und Dünndarm.
Ausreichend Flüssigkeit ist für ein gutes Funktionieren des Darms von zentraler Bedeutung. Das wird im fortgeschrittenen Alter zunehmend wichtig, da gerade ältere Menschen dazu neigen, zu wenig Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Fehlt dem Darminhalt Flüssigkeit, ist meist eine Verstopfung die Folge. Die ideale Trinkmenge pro Tag sollte zwei Liter nicht unterschreiten, am besten in Form von Mineralwasser, Tee oder Säften.
Besonders wichtig für einen gesunden Darm ist Bewegung. Ein Zeichen unserer Zeit ist der Hang vieler Menschen, sich nicht mehr ausreichend viel und ausreichend oft zu bewegen. Das wirkt sich direkt auf die Funktion des Darms aus. Dabei ist es gar nicht so schwer, sich die nötige Bewegung zu verschaffen. Besonders gut geeignet ist Gymnastik, die sich auf die Bauchmuskeln konzentriert. Ideale Ergänzungen sind Aktivitäten wie Radfahren, Wandern oder Schwimmen. Selbst ein etwas längerer Spaziergang kann bereits spürbar zu verbesserten Darmfunktionen beitragen. Im Grunde spielt es keine Rolle, welche Sportart zum Einsatz kommt. Wichtig ist nur die damit verbundene, erhöhte Körperbewegung. Und so ganz nebenbei tut man damit auch etwas für die Muskulatur, den Kreislauf und das Herz.