Morbus Gaucher (sprich: Goschee) ist eine seltene Stoffwechselerkrankung. In Deutschland leben rund 350 diagnostizierte Patienten, Schätzungen zu Folge müssten es ca. 2.000 Betroffene geben. Eine Vielzahl an Menschen ist also nicht oder nicht richtig diagnostiziert.
Wir möchten an dieser Stelle unsere Leser auf diese Erkrankung und deren Symptome aufmerksam machen. Zum Tag der seltenen Erkrankungen wurde Pascal Niemeyer, den Vorstandsvorsitzenden der Gaucher Gesellschaft Deutschland e. V. über die Krankheit Morbus Gaucher und seine Wünsche für die Zukunft interviewt.
Herr Niemeyer, Morbus Gaucher ist eine sehr seltene Erkrankung. Bitte erklären Sie das Krankheitsbild.
Morbus Gaucher ist eine autosomal rezessiv vererbte Krankheit und die am häufigsten vorkommende lysosomale Speicherkrankheit mit einer Häufigkeitsrate von etwa 1 zu 50.000 Personen. In Deutschland leben nur ungefähr 350 diagnostizierte Patienten. Statistisch gesehen müssten es aber deutlich mehr sein. Schätzungsweise 2.000 Menschen leiden unter dieser seltenen Erkrankung, von der sie noch nie gehört haben und werden über viele Jahre hinweg, mit ihren Symptomen, von Arzt zu Arzt weitergereicht, ohne dass ihnen geholfen werden kann. Morbus Gaucher wird durch einen Mangel eines spezifischen Enzyms (Glucocerebrosidase) im Körper verursacht und führt zur Anreicherung des Substrats Glucocerebrosid, welches in Milz, Leber, Nieren, Lungen, Gehirn und Knochenmark eingelagert wird.
Das Teuflische an Morbus Gaucher: Jeder Krankheitsverlauf kann unterschiedlich sein, die Variationen reichen von keinerlei äußerlichen Symptomen bis hin zu schwerer Behinderung und Tod. Die Symptome sind unter anderem vergrößerte Milz und Leber, Funktionsstörung der Leber, Knochenkrankheiten oder schmerzhafte Knochendefekte, neurologische Komplikationen, ausgeprägte Müdigkeit, Anschwellen der Lymphknoten, aufgeblähter Bauch, bräunliche Hautfärbung, Blutarmut und niedrige Blutplättchenzahl.
Sie sind Vorstandsvorsitzender der Gaucher Gesellschaft Deutschland e. V. (GGD) und der European Gaucher Alliance, der internationalen Dachorganisation. Welche Beweggründe gab es für Sie, sich für Menschen mit Morbus Gaucher einzusetzen?
Ich kam erstmals mit der Erkrankung in Berührung, als meine Tochter diagnostiziert wurde. Aufgrund der Schwere ihrer Erkrankung starb sie an den neurologischen Symptomen im Alter von fünf Jahren. Unsere Familie hat, ganz besonders zum Zeitpunkt der Diagnose, viel Unterstützung von der Gaucher Selbsthilfeorganisation erhalten. Mit meinem Engagement möchte ich sicherstellen, dass auch andere Familien und Patienten die Unterstützung und Informationen erhalten, die sie wirklich benötigen. Darüber hinaus möchte ich – gerade auf internationalem Niveau, wo es noch sehr viel zu tun gibt – die Welt für Gaucher Patienten zum Besseren verändern.
Welche Unterschiede gibt es auf deutscher und europäischer Ebene hinsichtlich des Umgangs mit Morbus Gaucher bzw. Seltenen Erkrankungen?
Die Unterschiede sind in der Tat riesig, selbst innerhalb der Europäischen Union. Anders als in Deutschland gibt es (gerade in kleineren Ländern) kaum Behandlungszentren, die auf seltene Erkrankungen spezialisiert sind. Hinzu kommt, dass in vielen Ländern die meist hochpreisigen Therapien nicht vom nationalen Gesundheitssystem übernommen werden. Betroffene stehen in diesen Ländern oftmals völlig hilflos da. In einigen EU-Ländern, glücklicherweise nicht in Deutschland, entscheidet ausschließlich der Gesetzgeber, oftmals nur auf Grundlage des Preises, welches Medikament der Patient verschrieben bekommt. Ärzte und Patienten haben da nur wenig Einfluss.
Was wünschen Sie sich in Zukunft für die Versorgung von Menschen mit Seltenen Erkrankungen?
Mein Wunsch ist, dass seltene Erkrankungen wie Morbus Gaucher mehr Aufmerksamkeit bekommen – sowohl von der Öffentlichkeit als auch der Politik – und dass die Forschung hierzu gefördert wird. Durch den Orphan drug act hat sich hier ja auf nationaler wie internationaler Ebene die Welt einiges verändert. Dennoch gibt es noch so viele seltene Erkrankungen, für deren Betroffenen es noch gar keine Therapie, geschweige denn Heilung gibt. Zudem wünsche ich mir, dass die Therapiewahlfreiheit nicht durch eine veränderte Gesetzgebung aus Kostengründen in Frage gestellt wird. Das darf nicht passieren. Denn für die Gaucher-Patienten ist es wichtig, dass die Spezialzentren wie bisher arbeiten können, so dass sie die Therapie erhalten, die sie zusammen mit ihrem Arzt ausgewählt haben.
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Morbus Gaucher Zentren + Adressen in Deutschland