Geschlechtersensible Medizin zielt auf eine individuelle und adäquate Gesundheitsversorgung für alle Geschlechter – nicht nur für Menschen, die sich in den Kategorien Mann oder Frau wiederfinden. Fachleute schätzen den Anteil von transgeschlechtlichen Menschen in Deutschland auf ca. 4,6 von 100.000 Personen und gehen von etwa 80.000 intergeschlechtlichen Personen aus.
Wie in anderen medizinischen Bereichen wächst auch bei der Gesundheitsvorsorge mit Labortests das Bewusstsein dafür, geschlechtsspezifische Besonderheiten bei Diagnose und Behandlung zu berücksichtigen.
Referenzwerte auch von Geschlecht abhängig
Laboruntersuchungen sind aus der Gesundheitsprävention nicht wegzudenken. Messwerte allein helfen jedoch nicht, eine Diagnose zu stellen oder ein Gesundheitsrisiko einzuschätzen. Wichtiger ist es, die Werte korrekt zu interpretieren. Sogenannte Referenzwerte helfen dabei. Diese Werte ergeben sich statistisch aus Vergleichsmessungen und unterscheiden sich häufig nach Kriterien wie Alter, Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit. So gelten beispielsweise für Frauen und Männer unterschiedliche Referenzwerte für den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) und bei der Interpretation der Werte weiblicher Sexualhormone im Blut müssen Mediziner*innen die jeweilige Zyklusphase berücksichtigen.
Mehr als Männer und Frauen
Wichtig ist geschlechtssensible Labordiagnostik auch für transgeschlechtliche Menschen. So müssen Ärzt*innen zum Beispiel abwägen, ob für die Diagnose einer Anämie bei einer Frau-zu-Mann-Transition unter Hormontherapie die Referenzwerte des biologischen männlichen Geschlechts oder des biologisch weiblichen Geschlechts anzuwenden sind. Bei Menschen wiederum, die eine Mann-zu-Frau-Transition durchlaufen und sich dabei für eine geschlechtsangleichende Hormontherapie entscheiden, bleibt die Prostata erhalten. Für die Krebsfrüherkennung mittels PSA-Test müssen Ärzt*innen dann Besonderheiten wie die Auswirkungen der Hormonbehandlung berücksichtigen.
Infozentrum für Prävention und Früherkennung (IPF)