Rezidiv-Risiko verringern – Was HER2 mit Brustkrebs zu tun hat

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Mit rund 70.000 Neuerkrankungen in Deutschland ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Er macht keinen Unterschied, wen er trifft. So haben auch Schauspielerinnen und Politikerinnen ihre Erkrankung öffentlich gemacht: Jane Fonda, Kylie Minoque, Anastacia, Sylvie Meis und aktuell Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Wie für die meisten kam auch für sie die Diagnose völlig überraschend und brachte ihre Welt ins Wanken. Doch es gibt eine gute Nachricht: Forscher haben wirksame Behandlungsmethoden entwickelt. Dank dieser Fortschritte konnte das Rückfallrisiko gesenkt werden und Frauen, deren Erkrankung frühzeitig entdeckt wird, haben heute gute Überlebenschancen.

Zu diesem Fortschritt beigetragen hat auch ein immer tieferes Verständnis der Erkrankung und eine immer wachsende Auswahl an Behandlungsmöglichkeiten.

Individuelle Therapie in Einzelschritten
Zur Behandlung von frühem Brustkrebs stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zum Einsatz kommt die Operation, häufig ergänzt durch eine Strahlentherapie und eine Behandlung mit Medikamenten. Bei der medikamentösen Therapie kann man verschiedene Typen unterscheiden, die Chemotherapie, zielgerichtete und anti-hormonelle Therapie. Sie werden meist hintereinander oder kombiniert eingesetzt. Die medikamentöse Therapie kann nach einer Operation (adjuvant) oder davor (neoadjuvant) eingesetzt werden. Eine neoadjuvante Therapie wird vor allem bei großen Tumoren angewandt, denn sie ermöglicht eine Verkleinerung des Tumorgewebes und somit bestenfalls eine brusterhaltende Operation. Nach der Operation schließt sich dann häufig noch eine post-neoadjuvante Therapie an. Das oberste Ziel der medikamentösen Therapie im frühen Stadium ist die Verringerung der Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Rückfällen der Erkrankung (Rezidiven), um eine Ausbreitung und Metastasen zu vermeiden.
Für die Behandlung ist es wichtig zu verstehen: Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Dieses Wissen ermöglicht es, Medikamente zu entwickeln, die speziell gegen bestimmte Formen von Brustkrebs wirken

Der Schlüssel heißt HER2+
Beispielhaft dafür steht der sogenannte HER2-positive (HER2+) Brustkrebs. Unbehandelt wird er mit einem aggressiven Krankheitsverlauf, einer erhöhten Sterblichkeit und einer hohen Rückfallrate in Verbindung gebracht. Etwa 15 % der Brustkrebs-Patientinnen erkranken an dieser aggressiven Form, bei der ein spezieller Eiweißstoff, der HER2-Rezeptor, besonders häufig auf der Oberfläche der Krebszellen vorkommt (sog. Über-Expression). Wie eine kleine Antenne sendet dieser Rezeptor Signale in das Innere der Zelle, die dazu führen, dass sich die Krebszellen extrem schnell vermehren. Die gute Nachricht: Für Frauen mit HER2+ Brustkrebs gibt es heute Medikamente, die diese Krebssignale gezielt blockieren. In der frühen Situation kommen hier, neben einer Chemotherapie, vor allem Antikörper zum Einsatz. Diese zielgerichteten Substanzen haben die Prognose von Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs maßgeblich verbessert, indem die Rezidiv-Rate gesenkt wurde. Trotz der stetigen Verbesserung der Therapie kann jedoch bei bis zu einem Viertel der Patientinnen nach 10 Jahren ein Rückfall auftreten.

HER2+/HR+ – die doppelte Herausforderung
Eine besondere therapeutische Herausforderung stellt das HER2+/HR+ Mammakarzinom dar. Bei diesem Tumortyp ist nicht nur der HER2-Rezeptor vermehrt auf den Krebszellen zu finden, sondern zusätzlich auch Hormonrezeptoren für Östrogen und/oder Progesteron (Hormonrezeptor-positiv, HR+). Patientinnen mit HER2+/HR+ Brustkrebs sprechen schlechter auf eine neoadjuvante Therapie an als Patientinnen mit HER2+/HR-negativem Status und haben zusätzlich ein erhöhtes Risiko für späte Rezidive.

Brustkrebs-Bild

Erweiterung der adjuvanten Therapie
Daher, so sind sich Experten einig, sind neue Therapiekonzepte erforderlich, um das Risiko eines Rückfalls weiter zu senken. Durch eine erweiterte (oder extendierte) adjuvante Therapie kann die Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten von einigen Brustkrebs-Arten noch weiter gesenkt werden. Diese Erweiterung der Therapie steht für die Therapiekonzepte der anti-hormonellen Behandlung – durch eine Verlängerung des Behandlungszeitraums von 5 auf 10 Jahre – und die HER2-zielgerichtete Therapie zur Verfügung. Seit kurzem gibt es einen Hemmstoff in Tablettenform, der an den HER2-Rezeptor innerhalb der Zelle bindet und dadurch die Tumorwachstum-fördernden Signale blockiert. Dieser Wirkmechanismus unterscheidet sich von den HER2-gerichteten Antikörpern und kann die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall bei Patientinnen mit frühem HER2+/HR+ Brustkrebs weiter verringern.  Die Therapie mit diesem Hemmstoff dauert ein Jahr und kann im Anschluss an eine HER2-zielgerichtete Antikörpertherapie eingesetzt werden, wenn sie innerhalb eines Jahres danach gestartet wird.

FAZIT: Die Behandlung des frühen Brustkrebs durch eine medikamentöse Therapie wurde mit der Entwicklung zielgerichteter Behandlungsansätze maßgeblich verbessert. Mit der Einführung der HER2-zielgerichteten extendierten adjuvanten Therapie existiert nun eine zusätzliche Möglichkeit, das Rezidivrisiko bei diesen Patienten weiter zu senken und die Chance auf Heilung zu erhöhen.

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Foto: © svetikd - iStock ; Wirkmechanismus, Brustkrebsfrauen © Pierre Fabre
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