Die Diagnose traf Gerlinde F. wie ein Hammerschlag: „Brustkrebs“! Dieses eine Wort bedeutete für sie – wie wohl für jede Frau – einen dramatischen Einschnitt in ihrem Leben. Emotionen kämpften gegen klare Überlegungen, Pläne wurden aufgestellt und wieder umgeworfen, Hilfe gesucht und der Partner oder die Familie standen zum ersten Mal nicht mehr an erster Stelle. Nach einer Operation musste eine Therapie greifen, die zuverlässig und effektiv, aber ohne wesentliche Nebenwirkungen ist. Eine so genannte HER2-Antikörpertherapie speziell gegen die Tumorzellen gab der betroffenen Frau neue Hoffnung.
Um die Diagnose Brustkrebs zu sichern und um festzustellen, welchen Hormonrezeptor- und HER2-Status der Krebs hat, wurde mit einer so genannten Feinnadelbiopsie ein kleines Gewebestückchen mit Hilfe einer dünnen Nadel aus der Brust entnommen. Ein Pathologe untersuchte die Probe unter dem Mikroskop. Als er HER2-positive Krebszellen fand, folgte die Wahl der geeignetsten Therapiemethode.
Der Schlüssel für die Brustkrebs-Therapie
Bei etwa jeder fünften Brustkrebspatientin ist die Anzahl der so genannten HER2- Rezeptoren auf der Oberfläche der Krebszellen massiv erhöht. Man spricht von einer HER2-Überexpression und einem HER2-positiven Brustkrebs. Dicht an dicht sitzen die HER2-Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Dabei verbinden sich („dimerisieren“) die HER2-Rezeptoren mit anderen HER-Rezeptoren. Dadurch werden die Zellen mit Wachstumssignalen überflutet, so dass sie sich völlig unkontrolliert teilen und übermäßig vermehren. Der HER2-Status hat somit einen direkten Einfluss auf den Verlauf der Krebserkrankung: Patientinnen mit einem HER2-positiven Tumor haben im Vergleich zu Frauen mit HER2-negativem Brustkrebs einen aggressiveren Krankheitsverlauf, und der Tumor tritt schneller wieder auf.
Die regelhafte Bestimmung dieser biologischen Patientenmerkmale hat dazu geführt, dass Therapien noch besser auf die Patienten abgestimmt werden können. Die Krebstherapie ist viel differenzierter, das heißt personalisierter geworden: Heute erhalten nicht mehr alle Patienten mit einer Krebserkrankung die gleiche Behandlung, sondern es wird für jeden einzelnen Patienten entschieden, welche Behandlung am besten wirksam ist.
Spezieller HER2-Antikörper im Einsatz
Für Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs bietet sich seit über zehn Jahren die Möglichkeit einer zielgerichteten und effektiven HER2-gerichteten Therapie. Diese Patientinnen können mit einem speziell entwickelten HER2-Antikörper erfolgreich behandelt werden. Er bindet zielgerichtet an die Rezeptoren, blockiert die Funktion des Rezeptors und verhindert so das Wachstum der Zelle. Wird also ein solcher HER2-positiver Tumor früh erkannt, noch bevor sich Tochtergeschwulste in anderen Körperorganen gebildet haben, so können heute 9 von 10 Patientinnen geheilt werden.
Gezielt, schonend und effektiv
Der HER2-Antikörper ist gut verträglich und kann neuerdings sogar subkutan (also direkt unter die Haut) verabreicht werden, was der Patientin längere Aufenthalte in der Praxis oder Klinik erspart und ihr eine völlig neue Lebensqualität beschert. Da die Antikörper nur die Krebszellen angreifen und nicht auf gesunde Zellen wirken, treten die für eine Chemotherapie üblichen Nebenwirkungen wie Haarausfall, Übelkeit oder Erbrechen oder eine Schädigung des Blutbildes nicht auf. Da bei Gerlinde F. an dem entnommenen Gewebe eine Überexpression der (HER2)-Rezeptoren auf den Krebszellen festgestellt wurde, kam auch für sie die HER2-Antikörper-Therapie als wirksamste Therapieoption in Frage.
Heute hat Gerlinde den ersten Schock der Diagnose überwunden. Sie verträgt die Therapie gut und weiß, dass die moderne Medizin ihr helfen wird, ihre gewohnte Lebensqualität zu sichern. Vor allem aber war es wichtig, ihr die Angst zu nehmen, denn sie braucht all ihre Kraft für den Kampf gegen ihre Krankheit.