Je früher Brustkrebs entdeckt und behandelt wird, desto größer sind die Chancen der betroffenen Frauen, wieder gesund zu werden. Eine neue Therapie für Frauen mit einer besonders aggressiven Form von Brustkrebs im Frühstadium kann nun bereits vor der Operation eingesetzt werden.
Etwa jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Je früher der bösartige Knoten entdeckt und behandelt wird, umso besser sind die Chancen, wieder gesund zu werden. Doch Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Denn die bösen Zellen in der Brust können unterschiedliche Strukturen haben. Diese Erkenntnis kann man sich bei der Behandlung zunutze machen. So lässt die Patientin sich nach einer entsprechenden Untersuchung der Krebszellen die oft zielgerichtet behandeln. Dadurch kann man effektiver als früher das Fortschreiten der Erkrankung unterbinden, einem Rückfall vorbeugen und die Heilungschancen verbessern.
Das belegt aktuell das Beispiel des sogenannten HER2-positiven Brustkrebses. Die Krebszellen tragen bei dieser Krankheit extrem viele kleine Antennen – die sogenannten HER2-Rezeptoren – auf ihrer Oberfläche. Über diese Antennen werden Wachstumssignale in die Zellen hineingeleitet, die das Krebs-Wachstum antreiben.
Effektiv im Kampf gegen Brustkrebs im Frühstadium: Doppelte Antikörperblockade
HER2-positiver Brustkrebs gilt als besonders aggressiv. Den Wissenschaftlern ist es jedoch gelungen, einen speziellen Antikörper herzustellen, der gezielt an den HER2-Rezeptoren andockt. Dadurch lässt sich die Signalweiterleitung über die Rezeptoren in die Zelle hinein und somit das Wachstum des Tumors blockieren. Die Überlebensaussichten der betreffenden Frauen konnten so erheblich verbessert werden.
Nun gibt es weiteren einen Fortschritt: So wurde ein zweiter Antikörper entwickelt, der den HER2-Rezeptor zusätzlich an einer anderen Stelle blockiert. Diese doppelte Antikörperblockade ist noch wirksamer, wie Privatdozent Dr. Marc Thill aus Frankfurt kürzlich bei einer Infoveranstaltung darlegte. Das hat eine Studie gezeigt, in der Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs im Frühstadium beide Antikörper zusammen mit einer Chemotherapie bereits vor der Operation erhielten.
Schon vor der Operation medikamentös den Tumor schrumpfen
Die Mediziner sprechen bei einer solchen Behandlungsstrategie von einer neoadjuvanten Therapie. Dieses Vorgehen hat mehrere Vorteile: So lässt sich bereits im Vorfeld einer Operation erkennen, ob die betreffende Frau gut auf die Medikamente anspricht, erklärte Professor Dr. Andreas Schneeweiss aus Heidelberg. Nicht selten bildet sich der Tumor weitgehend oder sogar ganz unter der neoadjuvanten Therapie zurück. Ein solches Ergebnis wird als pathologische Komplettremission bezeichnet. Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Operation keine Krebszellen mehr in der Brust und den Lymphknoten der Achselhöhle nachweisbar sind. „Bei einem solchen Befund sind die Heilungsaussichten sehr gut“, erklärte Professor Schneeweiss.
Damit deutet sich nun an, dass die betreffenden Frauen in punkto Heilungschancen noch besser von der Behandlung profitieren können. Denn die aktuellen Studiendaten zeigen, dass bei einer doppelten Antikörperblockade die Wahrscheinlichkeit, dass eine pathologische Komplettremission erreicht wird, erheblich höher ist als beim bisherigen Vorgehen mit nur einem Antikörper. „Das dürfte die Aussichten auf eine Heilung der Frauen noch steigern“, so Schneeweiss.
Die neoadjuvante Behandlung hat noch einen weiteren wichtigen Vorteil: Da der Knoten in der Brust schmilzt, wird eine bessere Ausgangssituation für die Operation geschaffen und es kann öfter brusterhaltend operiert werden.